An Gesundheitsreform 2011 gibt es nichts mehr zu rütteln

Die Koalition hat sich durchgesetzt, Röslers Gesundheitsreform 2011 steht. Für die meisten Versicherten bedeutet das, dass Gesundheit in Zukunft noch teurer werden wird.

Die Gesundheitsreform 2011 trifft wie so oft diejenigen, die zu den niedrigen bis mittleren Lohnklassen gehören, denn sie werden sowohl bei den geplanten Beitragserhöhungen als auch beim Sozialausgleich der Zusatzbeiträge benachteiligt sein. Gewinner sind Besserverdiener, denen der Weg ab einer Versicherungspflichtgrenze von 49.500 Euro in die privaten Versicherungen geebnet wird. Daraus werden für gesetzlich Versicherte wiederum höhere Beiträge resultieren, um das Defizit aufzufangen.

Die Gesundheitsreform 2011 ist von Seiten des Bundestags beschlossene Sache. Daran wird auch die Verhandlung im Bundesrat, die Anfayfng Dezember stattfinden soll, nichts mehr ändern, denn dort bedarf die Reform keiner Zustimmung mehr. Versicherte müssen ab 2011 höhere Krankenkassenbeiträge zahlen. Diese steigen von 14,9 auf 15,5 Prozent. Mit Beschluss der Reform wird der Arbeitgeberanteil für zukünftige Beitragserhöhungen auch noch auf 7,3 Prozent eingefroren. Das bedeutet für die Arbeitnehmer, dass sie bei zukünftigen Beitragserhöhungen den größeren Anteil tragen müssen. Zusätzlich wird spätestens ab 2012 mit einer flächendeckenden Erhebung der Zusatzbeiträge gerechnet. Weiterhin enthält die Gesundheitsreform ein Pharma-Sparpaket, nach dem die Pharmaindustrie bei neu entwickelten Medikamenten einen Zusatznutzen nachweisen muss. Die Preise für die Medikamente werden von den Krankenkassen verhandelt. Während der Umstellungsphase wurde bis zum Jahr 2013 ein Zwangsrabatt in Höhe von 16 Prozent (bisher 6 Prozent) für neue Medikamente festgelegt. Sollten die Preisverhandlungen der Krankenkassen nicht zum Erfolg führen, muss eine Schiedsstelle sich der Festlegung der Medikamentenpreise annehmen.

Die Gegenstimmen der Opposition konnten nichts daran ändern, dass Röslers Gesundheitsreform 2011 auf den Weg gebracht wird. Eine der Säulen dieser Reform sind die höheren Beiträge in Höhe von 15,5 Prozent, die künftig von den gesetzlichen Krankenkassen erhoben werden. Einige Einkommensgruppen erfahren eine geringfügige Entlastung durch die Senkung der Beitragsbemessungsgrenze von bisher 3.750 Euro auf 3.712,50 Euro. Dafür wird der Arbeitnehmeranteil zu den Krankenkassenbeiträgen mit der kommenden Erhöhung eingefroren. Während Arbeitnehmer zunächst 8,2 Prozent zu tragen haben, kann dieser Anteil bei einer erneuten Beitragserhöhung von Seiten der Krankenkassen deutlich steigen. Die höheren Krankenkassenbeiträge sollen in 2011 6 Milliarden Euro mehr in die Kassen der Gesetzlichen spülen. Diese Zusatzeinnahmen sollen dazu dienen, einen Teil des mit 11 Milliarden geschätzten Defizits auszugleichen.

Zusatzbeiträge für alle

Es ist schon jetzt abzusehen, dass das Defizit nicht allein durch die höheren Beiträge ausgeglichen werden kann. Deshalb wird damit gerechnet, dass flächendeckende Zusatzbeiträge kommen werden. Die Höhe dieser Zusatzbeiträge sollen von den Krankenkasse individuell erhoben werden dürfen, je nach finanzieller Situation der jeweiligen Kasse. Bereits jetzt erheben einige Krankenkassen Zusatzbeiträge. Alle anderen Kassen werden wenigstens im kommenden Jahr größtenteils auf die Erhebung von Zusatzbeiträgen verzichten, um die Mitglieder zu halten. Die erleichterten Bedingungen von gut verdienenden Arbeitnehmern zum Wechsel in eine private Krankenversicherung wird die Gesetzlichen schon genug Mitglieder kosten. Darüber hinaus wären Mitglieder nach einer Erhebung von Zusatzbeiträgen dazu berechtigt, die Kasse zu wechseln,. Und die Wechselbereitschaft ist in dieser Situation groß.

Zusatzbeiträge werden deshalb voraussichtlich erst im Jahr 2012 erhoben. Während sie derzeit bei durchschnittlich 8 Euro liegen, wird damit gerechnet, dass sie bis zum Jahr 2025 auf 100 Euro monatlich steigen werden. Grund dafür ist die immer älter werdende Gesellschaft und die immer besseren medizinischen Möglichkeiten der Behandlung. Um die Kosten decken zu können, werden Arzthonorare und Krankenhausrechnungen immer teurer. Folge davon ist, dass die finanzielle Situation vieler Kassen immer schlechter wird und finanzielle Löcher mit der Erhebung von Zusatzbeiträgen gestopft werden müssen. Für 2012 gehen Experten davon aus, dass zwar noch nicht alle Kassen zu diesem Mittel greifen, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag sich bei den meisten Versicherten aber um die 5 Euro monatlich bewegen wird.

Ungerechter Sozialausgleich

Für einen Teil der Versicherten findet zwar ein Sozialausgleich statt, der jedoch alles andere als sozial ist. Er wird zum Beispiel nicht nach dem jeweiligen Zusatzbeitrag des Versicherten berechnet, sondern nach einem Durchschnittswert aller Kassen. Der Sozialausgleich wird denjenigen gewährt, die im Monat mehr als 2 Prozent vom Brutto für den Zusatzbeitrag aufwenden müssen. Er wird vom Bund gezahlt. Da nur der Durchschnittswert der Kassen berechnet wird, müssen sicher viele Versicherte dennoch draufzahlen, während diejenigen, deren Zusatzbeitrag sehr niedrig ist, einen Vorteil durch den Sozialausgleich haben. Versicherte können nur ihre Kosten im Griff behalten, wenn sie die erhobenen Zusatzbeiträge der Kassen und den durchschnittlichen Wert im Auge behalten. Wer weniger flexibel, chronischer Patient oder Rentner ist, gerät schnell ins Hintertreffen.

Wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt, kommt um einen Zusatzbeitrag herum. Dazu zählen jedoch nicht Rentner und Bezieher von Arbeitslosengeld Eins. Diese Gruppen werden ebenfalls zur Zahlung der Zusatzbeiträge herangezogen. Ebenfalls zahlen müssen in vielen Fällen Minijobber, die bestenfalls vom Sozialausgleich profitieren. Die Zusatzbeiträge von Sozialhilfe-Empfängern werden von deren Leistungsträger entrichtet.

Wer muss keine Zusatzbeiträge zahlen?

Keine Zusatzbeiträge entrichten müssen Bezieher von Hartz IV, die neben ihren Bezügen keinen Minijob ausüben sowie Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz. Bezieher von Krankengeld und Behinderte in anerkannten Einrichtungen oder Werkstätten müssen ebenfalls keine Zusatzbeiträge zahlen. Dasselbe gilt für Frauen im Mutterschutz, Personen in Elternzeit und Bezieher von Elterngeld oder Erziehungsgeld. Arbeitslose oder ohne Zahlung von Entgelt beurlaubte Schwangere gehören ebenfalls zu den Personen, die keine Beiträge entrichten müssen. Wer Verletztengeld nach SGB VII, Versorgungskrankengeld nach dem Bundesversorgungsgesetz oder diesen Leistungen vergleichbare Bezüge erhält, wird ebenso von der Zahlung der Zusatzbeiträge ausgeschlossen wie diejenigen, die derartige Bezüge nur während einer medizinischen Rehabilitation erhalten. Zivildienstleistende und Personen im Wehrdienst, die kein Arbeitsentgelt beziehen sowie Personen, die ein freiwilliges ökologisches Jahr oder ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligengesetzes absolvieren und keine zusätzlichen Einnahmen haben, die beitragspflichtig wären, gehören ebenfalls zu den Ausnahmen. Wer Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Anspruch nimmt und diese Leistungen nicht den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes entsprechen, bleibt ebenfalls von den zusätzlich erhobenen Beiträgen verschont. Nicht zuletzt werden diejenigen ausgeklammert, die während ihrer Beschäftigung zur Berufsausbildung ein maximales Entgelt von monatlich 325 Euro erhalten.

Versicherte, die sich bislang vor der Zahlung der Zusatzbeiträge gedrückt haben, sollen ab 2011 stärker in die Pflicht genommen werden. Die Bundesregierung sieht einen sogenannten Verspätungszuschlag für säumige Zahler vor, welcher nach sechsmaliger Zahlungsverweigerung in Folge fällig werden soll. Der Verspätungszuschlag soll mindestens 20 Euro oder die dreimalige Höhe der letzten Zusatzbeiträge betragen.

Röslers nächste Etappe: Privatisierung der Pflegeversicherung

Und als wäre das nicht genug, dreht sich die Kostenspirale weiter. Gesundheitsminister Rösler (FDP) Verhandelt für eine kapitalgedeckte Zusatzversicherung. Diese kapitalgedeckte Zusatzversicherung soll ergänzend zur derzeitigen sozialen Pflegeversicherung eingeführt werden und stößt schon jetzt auf harsche Kritik. Sollte sich Rösler mit seinen Plänen durchsetzen, können sich nur noch Reiche eine Pflege im Alter leisten.